Hallo Ihr Lieben,
vom 7.10. -15.10. flog ich mit meinem Freund Hellmut Lutz nach Istanbul, um im Kinderheim der Stiftung Vakfi in Catalca bei Aufbauarbeiten nach der Flutkatastrophe zu helfen.
2 Tage bei der Aufbauarbeit.
Zur Stiftung Vakfi und Aziz Nesin könnt ihr einiges im Internet nachlesen:
http://www.ibka.org/artikel/rundbriefe05/nesin.html
Nun bin ich für eine Woche mit Hellmut in Catalca westlich von Istanbul.
Ihr habt alle von dem katastrophalen Hochwasser im Großraum Istanbul gehört.
Das Wohnheim für Waisen und Kinder aus problematischen Elternhäusern der Aziz Nesin (berühmter türkischer Schriftsteller)Stiftung hat es besonders heftig erwischt. Aziz Nesin hast hier ein Paradies für Kinder geschaffen. Zur Schule gehen sie in staatliche Schulen in Catalca, die großen in weiterführende Schulen oder an Unis in Ancara oder Istanbul. Dann wohnen sie nur in Ferienzeiten oder an Wochenenden hier.
Wir sind also mit 40kg Handwerksmaschinen und voller Handwerksausrüstung nach Istanbul geflogen, die persönlichen Sachen im Handgepäck.
Was hat uns erwartet?
Gott sei Dank ist der Schlamm bereits weggeschafft. An Möbeln und Wänden kann man noch den Wasserstand sehen. Die Küche und die Wirtschaftsräume standen voll unter Wasser. Die Waschmaschinen sind schon entsorgt und vom Küchenherd gehen nur noch 2 Gasflammen. Die Bibliothek und der Nachlass von Aziz Nesin ist teilweise zerstört und bereits entsorgt.
Mehr will ich gar nicht von den Schäden erzählen.
Jeden Tag kommen Delegationen (wegen der Bedeutung der Stiftung in der Türkei und nach den Berichten der Presse über die Katastrophe). Gestern war Mercedes aus Istanbul hier. Sie wollen neue Möbel für die Bibliothek stiften und ein neues Solardach.
Was machen wir hier? Wie kommen wir überhaupt hierher?
Klaus, der Spiritus Rektor des Heimes hatte eine Professur an der Uni Bremen für Türkologie und Deutsch als zweite Sprache. Hellmuts Frau Nevin war seine Studentin im ersten Durchgang. Klaus lebt die meiste Zeit hier und ist das Herz des Heimes in Catalca. Nevin und Hellmut sind Mitglieder der Stiftung und haben schon im Sommer 3 Wochen hier alles repariert, was zu reparieren war.
Das machen wir jetzt auch. Nur dass zum Reparaturstau (Türken reparieren scheinbar nicht gerne, da improvisiert man lieber) noch der aktuelle Wasserschaden dazukommt. Die Wunschliste der Betreuer ist lang.
Heute haben wir Türen gerichtet, die nicht mehr zu schließen waren. Seit der Überschwemmung geht die Eingangstür z.B. nicht mehr zu schließen. Ob Wasserschaden oder schon fast immer so, vermag ich nicht zu entscheiden. Mein Elektrohobel war auf jeden Fall Gold Wert. Heute Abend gingen alle Türen wieder.
Morgen besorgen wir Ersatzfliesen Kleider- und Handtuchhaken für die Waschräume der Kinder und bringen sie an. Ganz konkret verwenden wir dazu die Geldspende von Christine und Eddy, die sie mir an meinem Geburtstag mitgegeben haben.
Daneben genieße ich die herrlich warmen und wolkenlosen Herbsttage hier. Die Äpfel im Garten und die Walnüsse schmecken vorzüglich und Ibrahim der Koch zaubert ein Essen nach dem anderen aus Gemüse des eigenen Bauernhofes, der höher liegt und nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Heute Abend gab es auch Bratkartoffel mit gedünsteten Blumenkohlröschen und kleingeschnippeltem Gemüse - vorzüglich. Ibrahim verriet mir, dass er gerne Indisch kocht, allerdings wäre das für die Kinder zu scharf. Bei ihm gibt es auch immer Caj und heißes Wasser für Kaffee und ein Schwätzchen in der Kellerküche. Und dies nachdem gerade vor vier Wochen das Wasser bis zur Decke und Kühlschränke und Essen unter der Decke schwammen.
Mert, der hier ständig alles sauber macht und zu Hilfe geht, habe ich mit Hellmuts Dreiecksschleifgerät die Eingangstüre anschleifen lassen. Nach mehrfacher Einweisung in die Handhabung war er ganz stolz auf den Erfolg. Seitdem muss ich nicht mehr in den Keller zu Ibrahim. Mert fragt nach ob er mir noch einen Caj oder Kaffee holen soll.
Jetzt werde ich trotz Caj müde.
Ein weiterer Tag:
Jetzt ist es 22 Uhr und ich komme endlich zum Schreiben. Wir, Hellmut, Andreas (als erfahrener Käser soll er hier im Bauernhof dem lokalen Käser einige Rezepte beibringen. Er müht sich, aber hier verhält sich die Milch anders als zu Hause) und ich sind bei der Leiterin Nuran und sehen uns die Katastrophenbilder auf ihrem PC an.
Die Bilder von der Flutkatastrophe waren interessant, da wir jetzt eine Vorstellung davon haben wie alles aussah - unglaublich - und was sich alles schon mit übermenschlichem Einsatz geändert hat.
Also von vorne. Heute früh um 7:30 bin ich aufgestanden. Köstliches Frühstück mit reifen Tomaten vom 5-Sterne Koch Ibrahim.
Danach fuhren wir zum Marmorladen, ein Freund von Abbas, der uns die fehlenden Marmorfliesen für unser Gästebadprojekt natürlich kostenlos zurechtschnitt. Die Fliesen wurden heute Abend wirklich ohne Berechnung angeliefert. Das Maß der erforderlichen Fliesen maß ich gestern abends aus.
Nun war die Vorbereitung des Untergrunds dran (mühsam mit Hammer und Meisse).
Katri der Busfahrer und angeblich Spezialist für Maurerarbeiten haben wir das Prozedere des Marmoranbringens versucht verständlich zu machen. Aber er wollte nicht verstehen und sagte, dass die Marmorlieferanten das Bad auch gefliest hätten. Ich falle vom Glauben ab.
Dafür nimmt Kadri Hellmut und mich beim Abholen der Schulkinder mit dem Bus mit nach Catalca.
Eineinhalb Stunden verbrachten wir im Sanitärladen um alles nötige auszuwählen. Es geht natürlich mit Tee los. Auf dem Rückweg zum verabredeten Abholplatz kaufe ich noch einige Mitbringsel ein, alles vegetarisch. Katri ist nicht mehr da. Dann nehmen wir halt den Dolmus zurück nach Hause. Es kostet 75Ct umgerechnet für jeden von uns.
In der Küche gibt es noch leckeres Essen, Tomatensalat mit Rukola, eine super Mischung, frittierte panierte Hähnchenstücke und Makkaroni mit Tomatensoße.
Hellmut wühlt gleich wieder weiter und ich mach erst mal ein Mittagspäuschen. Danach kommen die Türen aus der Küche und dem Keller an die Reihe die im Wasser standen.
Dann wurden die Marmorfliesen angeliefert und Gott sei Dank haben sie Kadri erklärt wie er sie anbringen sollte.
Für die Kinder geht das Leben seinen gewohnten Gang.
Aus Istanbul kehrten Abbas und die Zivildienstleistenden aus einer Wohnungsauflösung (aus dem 10. Stock) erschöpft, aber mit reicher Beute inclusive Klavier zurück.
In dieser Woche ist schon so viel passiert!
Zu den beiden Zivildienstleistenden aus Deutschland kamen gestern noch vier 19 bis 20-jährige Mädchen in ihrem freiwilligen sozialen Jahr dazu. Sie kommen aus Stuttgart, Straßburg, Spanien und der Griechenland.
Sie alle starten mit Enthusiasmus.
Nach dem Essen war ein Meeting aller Kinder mit den Gästen und Mitarbeitern.
Wir alle wurde kurz von Klaus vorgestellt und dann durften die Kinder auf Englisch fragen, was sie über uns wissen wollten. Es war sehr lustig.
Bis Übermorgen in Bremen
Franz
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